Wie eine dysfunktionale Restauration sich auf den gesamten Körper auswirkt
23. April 2024
Stellen Sie sich vor, Sie stellen mitten in Ihrer Karriere auf einmal alles in Frage, was Sie jemals gelernt haben. Zahntechnikermeister Edris Rasta ist genau das passiert, als er in den Niederlanden den Workflow eines Top-Zahnarztes sah. Er realisierte plötzlich, dass Funktion der Schlüssel zum Design der besten Restaurationen ist. Als internationaler Top-Referent, der stets dazu lernt, bringt Edris seine Expertise auf die Insights-Bühne in Mallorca. Er berichtet von seinen persönlichen Erfahrungen, diskutiert große Ideen und gibt Expertentipps für die Gestaltung funktionaler Restaurationen.
Q: Wir sind gespannt, alles über Ihren Einstieg in die Zahnmedizin zu erfahren. Können Sie uns etwas über Ihren Hintergrund erzählen?
A: Ich wurde in Afghanistan geboren. Als ich 19 war, schickten mich meine Eltern in die Niederlande. Wir haben viele Zahnärzte und Mediziner in der Familie. Eigentlich war ich Künstler, ich malte viel und liebte Kalligrafie. Das war meine Leidenschaft. Aber meine Eltern wollten, dass ich studiere, damit ich einen guten Lebensunterhalt verdiene. Als ich in Holland ankam, besuchte ich dann als erstes die Zahnarztpraxis meines Onkels.
Q: Sie kamen also über Ihren Onkel erstmals mit der Dentalbranche in Berührung?
A: Ganz genau. Mir gefiel die Praxis sofort, allerdings geht man ja nicht freiwillig zum Zahnarzt. Die Patienten kommen, weil sie Schmerzen haben. Ich saß also da, hörte den Bohrer und fragte mich, was ich hier eigentlich mache. Auf einmal kam mein Onkel zu mir und sagte, dass er jetzt eine Krone aus dem Labor holen muss. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, was ein Labor oder eine Krone ist. Wir gingen also die Treppe hinunter und er öffnete eine Tür. Ich sah einen Keramiker mit einem Modell in der Hand, das er mit einer Bürste und etwas Material bearbeitete. Der Anblick faszinierte mich sofort und ich sagte zu dem Keramiker: „Wow, das ist so schön! Was machen Sie da?“ Er erklärte mir, dass er gerade eine Krone anfertigt, die dann im Ofen gebrannt und einem Patienten eingesetzt wird.
Es war fantastisch, dem Keramiker dabei zuzusehen, wie er aus dem Nichts etwas Neues erschafft. Ich entschied, dass ich das auch machen möchte. Ich kam dann als Flüchtling nach Holland und begann ein Praktikum in einem Dentallabor. Nach zwei Monaten bot man mir dort einen festen Job und eine Ausbildung an. So fing für mich also alles an.
Q: Wie haben Sie entschieden, worauf Sie sich spezialisieren?
A: Am Anfang machte ich feste Restaurationen, weil ich dort gebraucht wurde. Ich wusste aber immer, dass ich Keramiker werden will. Damals blieb ich abends oft länger im Labor, um Keramiken zu brennen und zu glasieren – die Formen und Farben faszinierten mich. Später stellte mein Onkel in Deutschland mich dann bei sich, meinem Cousin und meinem Neffen als Keramiker ein. Ich arbeitete gerne dort, sehnte mich aber nach einer größeren Herausforderung. Daher kehrte ich in die Niederlande zurück und arbeitete in einer Keramik-Abteilung. Die Arbeit dort war abwechslungsreicher und komplexer. Das Labor war sehr modern und legte großen Wert auf Ästhetik. 2012 erfuhr ich, dass Dr. Martijn Moolenaar, einer der besten Zahnärzte Hollands, einen Keramiker suchte. Ich wollte ihn unbedingt kennenlernen, um zu erfahren, was genau ihn zum Besten seines Fachs macht, also besuchte ich ihn in seiner Praxis.
“Innerhalb von nur zwei Minuten wurde mir klar, dass alles, was ich bisher gelernt habe, falsch war.”
Q: Und waren Sie dann überzeugt, dass er einer der Besten ist?
A: Er zeigte mir seine Praxis, die aus gerade mal vier Zimmern bestand, und erklärte mir, dass bei ihm alle Arbeiten individuell und maßgeschneidert gestaltet werden. In seinem kleinen Labor sah ich zum ersten Mal für jeden Patienten zwei Modelle in einem Artikulator, im richtigen Biss. Natürlich hatte ich schon von Funktionalität, Haltbarkeit und Langlebigkeit gehört, aber als ich das alles vor mir sah, erkannte ich sofort, dass das die richtige Art zu arbeiten ist. Innerhalb von nur zwei Minuten wurde mir klar, dass alles, was ich vorher gelernt habe, falsch war.
Q: Wie hat dieses Erlebnis Ihren weiteren Werdegang beeinflusst?
A: Eigentlich war das ein trauriger Moment für mich. Für Dr. Moolenaar gab es keine Ästhetik. Ästhetik ist das Ergebnis von Funktionalität. Wenn etwas nicht natürlich aussieht, stimmt etwas nicht. Das war seine Philosophie. Ich begann, mehr über Biologie und Zahnmedizin zu lernen, damit ich noch präziser in meiner zahntechnischen Arbeit werde.
Q: Wie hat Ihr zunehmendes Wissen über Biologie Ihre Arbeit als Zahntechniker verändert?
A: Ich habe Funktionalität besser verstanden. Ich kenne die Kaumuskulatur und Knochen und sehe das ganze System - das beginnt beim Zahn und geht weiter mit dem Nervensystem und den Atemwegen. Das Zusammenspiel ist sehr komplex und total faszinierend. Wenn man nur einen Teil weglässt, dann passen auch alle nachfolgenden Elemente nicht mehr. Ich habe in den letzten zehn Jahren viel über Zahnmedizin, Kieferorthopädie und Gnathologie gelernt. Die Gnathologie beschäftigt sich mit Muskeln und Knochen und deren Bewegung. Gerade befasse ich mich intensiv mit den Atemwegen, die auch sehr wichtig sind.
“Kleine Restaurationen können viel komplexer sein als große Restaurationen. Wenn eine Restauration nicht gut ist, wirkt sich das auf den ganzen Körper aus.”
Q: Was haben Sie bisher aus Ihren Studien gelernt?
A: Kleine Restaurationen können viel komplexer sein als große Restaurationen. Wenn eine Restauration nicht gut ist, wirkt sich das auf den ganzen Körper aus – die Muskeln und das ganze Kaumuster verändern sich. Wenn man nur einen kleinen Fehler macht, kann das sehr große Folgen haben. Alles, was mein Geschäftspartner und ich tun, basiert auf Funktionalität.
Q: Nun zum Thema exocad: Wie lange benutzen Sie DentalCAD von exocad schon?
A: Seit fünf Jahren.
Q: Wie haben Sie zuerst von der exocad Software erfahren?
A: Die Firma, in der ich damals gearbeitet habe, hat eine Software gebraucht. Erst haben wir eine andere Software eingesetzt, aber dann zeigte man mir DentalCAD von exocad. Damit hat man viel mehr Möglichkeiten, weil die Software von exocad anhand der Bedürfnisse von Zahntechnikern entwickelt wird.
Q: Was ist Ihr Lieblingstool von exocad?
A: Ich mag Smile Creator für das Smile Design wegen der enthaltenen Berechnungen und Messungen. Außerdem verwende ich CBCT-Scans für mein Smile Design. Mit exocad kann man wirklich in die Anatomie eintauchen. Das ist manuell einfach nicht möglich.
Q: Haben Sie einen Tipp, wie man Smile Design Vorschläge verbessern kann?
A: Jeder Techniker oder Zahnarzt muss sich mit Dentalfotografie auskennen. Wir brauchen akkurate Fotos, damit wir die Anatomie besser messen können. Anatomie meint dabei die Größe des Kopfes, des Kiefers etc. Wir können all das messen, wenn wir gute Fotos machen und in die Software importieren.
Nehmen wir z.B. den Ramus, der laut Studien durchschnittlich 65 bis 70 lang ist. Wenn man beim Nachmessen feststellt, dass der Zahn des Patienten kürzer oder länger ist, weiß man, was nicht passt. Dann kennt man den Grund für die vorliegende Okklusion.
Q: Sie besuchen uns diesen Mai auf Insights in Mallorca als einer der Hauptredner. Können Sie uns bereits etwas über das Thema Ihres Vortrags verraten?
A: Ich werde darüber sprechen, wie digitale Tools unser Verständnis von Okklusion verändern. Außerdem werde ich den Einsatz von CBCT-Scans und Fotografie für Messungen diskutieren. Das sind sehr hilfreiche Informationen für die Fallplanung. Ich weiß, dass viele Anwender nur 20% von dem nutzen, was die exocad Software eigentlich kann.
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Edris spricht auf exocad Insights 2024 über das Design komplett digitaler und voll funktionaler Restaurationen.
Q: Welcher ist Ihr Lieblingszahn?
A: Alle. Jeder Zahn hat eine Funktion im System. Wenn ich einen auswählen würde, wäre das eine rein ästhetische Entscheidung. Und Ästhetik ist nicht die Antwort.
Q: Wenn Sie Ihrem jüngeren Ich einen Rat geben könnten, welcher wäre das?
A: Ich denke, ich musste genau diesen Weg gehen, um dort anzukommen, wo ich jetzt bin. Bleibe neugierig und nutze den Moment.
Q: An welches Wort denken Sie zuerst, wenn ich exocad sage?
A: Vorhersehbarkeit.
Edris Rasta ist klinischer Zahntechniker auf dem Gebiet der komplexen funktionellen und restaurativen Zahnheilkunde, insbesondere im Bereich Keramik. Seine außergewöhnliche Kompetenz liegt in der Herstellung von qualitativ hochwertigen Restaurationen, die bemerkenswert natürlich aussehen. Als renommierte Persönlichkeit hat Edris durch eine Reihe von Vorträgen, Gesprächen, Workshops und Schulungen einen Beitrag zur weltweiten zahnmedizinischen Community geleistet. Im Mittelpunkt seiner herausragenden Praxis steht sein Engagement für eine offene Kommunikation sowohl mit Kollegen als auch mit Patienten. Folgen Sie Edris' Arbeit auf Facebook, Instagram, LinkedIn und YouTube.
von Caitlan Reeg Texterin bei exocad
Caitlan Reeg verbringt ihre Tage damit, der Welt von den Innovationen erzählen, die ihre Kollegen entwickeln. Gesundheitsthemen, Technologien und die Art und Weise, wie diese beiden Bereiche ineinandergreifen, um unser Leben zu verbessern, begeistern sie. Früher hat Caitlan als Journalistin bei Dow Jones Newswires in Frankfurt und beim nationalen öffentlichen Radiosender Marketplace in Los Angeles gearbeitet.